MITTERFELDEN (schl) – Getreu dem Motto „Helfen mit Technik und Verstand“ leistet das Technische Hilfswerk Berchtesgadener Land seit über 60 Jahren bei Großschadenskatastrophen, Unglücksfällen und vielen anderen Einsatzszenarien schnelle und kompetente Unterstützung und Rettungsdienste mit Hilfe modernster Technik. Dies verdeutlicht, dass das Zusammenwirken sowohl von gut ausgebildete und ausgerüstete Einsatzkräfte unabdingbare Voraussetzungen für die Bewältigung anstehender Aufgaben und Herausforderungen sind, wenn es gilt, Menschen in Not zu helfen oder materielle Schäden zu lindern. Dies stand neben Ehrungen und Grußworte im Mittelpunkt des Jahresrückblicks 2014 im THW-Haus in Mitterfelden.
Vor zahlreiche Ehrengäste, die zunächst an Weihe und Segnung von drei neuen THW-Einsatzfahrzeugen teilgenommen hatten und von der Ortsbeauftragten Sandra Huber begrüßt wurden zeigte einleitend Zugtruppführer Konstantin Kraus einen mit modernen Bildtechnik untermalten Jahresrückblick 2014. Er gab vorerst einen Einblick in die Vielfalt von Übungen, die in Realität tatsächlicher Ansprüche und Geschehnisse gerecht werden. Nun so kann das Niveau der Einsatzfähigkeit erhalten bzw. gesteigert werden. Ernstfälle geübt wurden unter anderem mit weiteren THW-Ortsverbände am Chiemsee eine Ölschadenbekämpfung im Naturschutzgebiet des Achendeltas. Auch sehr rege wird im Ortsverband BGL an Forschungsprojekte getüftelt und auch erfolgreich praktiziert.
Das Spektrum der Ausrückung bei akuten Notfällen, oft auch Unterstützung für andere Organisationen, beinhaltete im vergangenen Jahr mit 19 Einsätze nicht ganz so viele wie sonst. Dennoch waren einige absolute Härteprüfungen dabei, die dank der im Ortsverband entwickelten Technik gemeistert werden konnte.
Beispielhaft zeigte Kraus den Einsatz der ferngesteuerten Rettungsspinne auf nach einem Großbrand eines holzverarbeitenden Betriebes im schwäbischen Bopfingen. Es konnte von den dortigen Feuerwehrkräften der Schwelbrand eines 20 m hohen Spänebunkers nicht abgelöscht werden. Der betonierte Silobau, zu zwei Dritteln mit Holzspäne gefüllt, stand unmittelbar neben einer großen Produktionshalle, die vollständig ausbrannte. Die Temperaturen im Brandverlauf stiegen zeitweise auf deutlich über 1.000 Grad. Statiker stellten fest, dass wegen der Einsturzgefahr nicht mit klassischen Löschangriffen gearbeitet werden konnte und auch ein Abriss mit den üblichen Methoden unmöglich war. So löste man die Problematik mit Hilfe der Rettungsspinne. Den voll umfänglich fernsteuerbaren Schreitbagger befestigte man an ein Krangehänge. So konnten die spezialisierten THW-Einsatzkräfte des Berchtesgadener Landes zum spektakulären Angriff von oben beginnen. Die Einsatzverantwortung lag beim Freilassinger Dr. Thomas Wellenhofer, dem THW-Fachberater des Ortsverbandes BGL. Mit der Anwendung unter Einhaltung des Sicherheitsabstandes, beeinträchtigt jedoch durch heftige Sturmböen war es möglich, ohne Menschen in direkte Gefahr zu bringen, auf dieser Brandruine arbeiten zu können um diese hochgradig schwierige Aufgabe wunschgemäß meistern und abschließen zu können.
Ein echter „Knochenjob“ mit kriminalistischem Hintergrund war ein weiterer Rettungsspinne-Einsatz auf einer ehemaligen Straußenfarm in Hagen. Wegen Knochenfunde bestand dort der Verdacht, dass im Zuge unterirdisch gelagerter Cannabis-Pflanzen installierten Überseecontainern ein Mittäter getötet und seine Leiche dort verscharrt worden war. Der Aushub bis in sechs Meter Tiefe umfasste über 1000 Kubikmeter Erdraum auf dem Gelände an verschiedenen Flächen und Hängen. In der heimischen Region wurde der THW-Fachberater am 23. Dezember nach Teisendorf angefordert, da sich auf dem Betriebsgelände einer Brauerei eine Chemikalienwolke gebildet hatte. Anfang Januar 2015 galt es nach ergiebigen Schneefällen eine Schneelastmessung in Traunstein durch das Baufachberaterteam durchzuführen. „Technische Hilfe auf Verkehrswege“ auf der Autobahn zwischen Walser Berg und Bernauer Berg, speziell bei Urlauberströme, gehört zur traditionellen Hilfe für die Polizeibeamten.
Die Auflistung ehrenamtlich geleisteter Zeit im Dienste des THW mit insgesamt 46 aktiven Helfern und 22 Junghelfern zeigte Konstantin Krause abschließend auf: 1334 Einsatzstunden, 1085 Ausbildungsstunden, 289 Lehrgangsstunden, 7966 Allgemeine Dienststunden. Die THW-Jugend wies 2148 Stunden im Lehrplan auf. Somit betrug die Gesamtstundenzahl 12.822. „Wir ihr seht, wird uns hier nicht langweilig“, sagte der Zugtruppführer, mit dem Hinweis, wer noch mehr erfahren wolle, sollte www.thw-bgl.de anklicken.
Ortsbeauftragte Sandra Huber betonte, ihre engagierte Mannschaft nehme die große Bandbreite von Herausforderungen mit Willensstärke, verlässlichem Leistungsvermögen und Übungseifer an und sie hoffe, dass dies auch die nächsten Jahre so gut funktioniere.
Vom Sektor „Jugendarbeit“ berichtete dann Martin Unterrainer. Den 22 Jugendlichen - 21 Burschen und ein Mädel - im Alter zwischen zehn und 17 Jahren sind rund 150 Stunden im Jugend-Dienstplan angeboten worden, nicht mit eingerechnet etwa 30 Stunden für wiederholte Zeltaufbauten. Zu den Grundausbildungsthemen gehören theoretisches Wissen zur THW-Struktur, wie auch vielerlei praktische Übungen bezüglich Holzbearbeitung, Leiterbau, Ausleuchten von Unfallstellen. Der Aufgabenbereich beinhaltet auch Bergungen, das persönliche und gemeinsame Verhalten im Einsatz.
Neben Absolvieren eines Erste-Hilfe-Kurses, unterhaltsame Spieleabende, Teilnahme am Jugendlager in Mühldorf des THW-Geschäftsbereiches, gab`s auch einen Tagesausflug nach Prien am Chiemsee in den Klatterwald, ein Wochenende in der THW-Hütte am Götschen mit Wanderungen sowie Besuch im Haus der Berge. Martin Unterrainer informierte, dass dieses Jahr wieder vier Jugendliche die Grundausbildung absolvieren und in den Zug wechseln. Er lobte die Begeisterung „seiner“ Jugendlichen. „Mir macht es riesigen Spaß mit euch“, rief er seinen Schützlingen zu. Sandra Huber unterstrich diese Ausführungen mit dem Hinweis: „Die Jugend von heute sind die Helfer von morgen“.
Erstmals in Mitterfelden stellte sich Sylvia Ruffing vor. Sie ist die kommissarische Geschäftsführerin für den THW-Geschäftsbereich Mühldorf. Sie drückte die Hoffnung und Zuversicht auf gute Zusammenarbeit aus und konnte gemeinsam mit Sandra Huber Ehrungen vornehmen. In Anerkennung ihrer Verdienste für das Technische Hilfswerk, jeweils von der Ortsbeauftragten in den jeweiligen verdienstvollen Details beschrieben, erhielten Urkunde und das Helferzeichen in Gold Uli Hasenöhrl, Stefan Hurter, Tim Schäfer, Bernhard Simon. Roman Galler, konnte als nächsthöhere Auszeichnung das Helferzeichen in Gold mit Kranz in Empfang nehmen.
Landrat Georg Grabner hatte dann die Ehre namens des Freistaates Bayern Michael Huber und Harald Wieberger mit dem Ehrenzeichen am Bande samt Urkunde auszuzeichnen. Beide gehören dem THW-Ortsverband BGL mittlerweile schon 25 Jahre an.
In seinem Grußwort widmete er sich ausführlich zur Einführung des Großprojekts BOS-Digitalfunks. Trotz einiger Probleme und Verzögerungen beim Aufbau des Funknetzes kommt man in dieser Angelegenheit nun mit großen Schritten voran. „Der erweiterte Probebetrieb wird in unserem Netzabschnitt heuer im Oktober starten“, informierte er. Das Landratsamt (für Kreisbrandinspektion und Katastrophenschutzausstattung) und auch alle Gemeinden im Landkreis (für ihre Feuerwehren) haben sich an einer gemeinsamen Ausschreibung zur Beschaffung von digitalen Funkgeräten und Zubehör der beiden ILS-Bereiche Traunstein und Rosenheim beteiligt Grabner bezifferte den Ausschreibungsumfang. Unter anderem sind es für den Landkreis BGL (Landratsamt und Gemeinden) 640 Funkgeräte. Wenn die Ausschreibung durchgeht könnten die ersten Geräte bereits im Juni ausgeliefert werden.
Das THW im Landkreis BGL ist hier schon einen Schritt weiter, wie Grabner mit einem Augenzwinkern bemerkte: Hier gibt es schon seit Anfang 2014 digitale Handfunkgeräte. Seit Ende 2014 sind auch in Fahrzeugen bereits digitale Fahrzeugfunkgeräte eingebaut. Da noch kein Netzbetrieb möglich ist, können Geräte derzeit nur im Direkt-Betrieb eingesetzt werden. Beispielsweise könnten die THW-Kräfte an der Einsatzstelle bereits miteinander digital funken. „Das neue digitale Funksystem ist ein großer technischer Fortschritt, aber damit verbunden ist für alle Organisationen auch ein erheblicher Schulungsaufwand, der in den nächsten Monaten ehrenamtlich zu leisten ist“, verdeutlichte der Landrat.
Aus dem Einsatzgeschehen 2014 und Zusammenarbeit mit anderen Organisationen griff Georg Grabner besonders heraus die THW-Fachberatungen beim Wohnhausbrand in Schign am 27. Februar, beim Gefahrgutaustritt auf der Autobahn im Bereich Grenzübergang Walserberg und einen Tag vor dem Heiligen Abend der Gefahrstoffaustritt bei der Firma Wieninger in Teisendorf. Grabner fasste zusammen: „Das THW konnte bei diesen Einsätzen, wie auch in den vorausgehenden Jahren, immer wieder seine Kompetenz beweisen und zusammen mit den Angehörigen von Feuerwehr und Rettungsdienst wertvolle Hilfe leisten. Dieses ehrenamtliche Engagement ist vorbildlich“.
Ein besonderes Landrats-Lob galt der hervorragenden, sehr aktiven Jugendarbeit. Der Blick in den Jugend-Dienst- und Ausbildungsplan auf der Homepage beweist, wie engagiert die THW-Jugendarbeit betrieben wird. Fast regelmäßig finden für die Nachwuchstruppe vier Ausbildungstermine im Monat statt. „Ich betrachte das ehrenamtliche Engagement nicht als Verzicht auf Freizeit, sondern vielmehr als Chance für eine sinnvolle und erfüllte Freizeitgestaltung. Die Mitarbeit an einer wichtigen Gemeinschaftsaufgabe stärkt die Verantwortungsbereitschaft und auch das Selbstwertgefühl. Dienst im THW – gerade für Jugendliche – ist ein Gemeinschaftserlebnis besonderer Art.“ Abschließend anerkannte Georg Grabner die Arbeit und Verantwortung der THW-Helfer mit einer überaus engagierten Sandra Huber an der Spitze. Dafür bedankte er sich herzlich in der Zuversicht, dass die Leistungen auch weiterhin so erfolgreich fortgesetzt werden. „Das Landratsamt als Sicherheits- und Katastrophenschutzbehörde freut sich, euch dabei unterstützen zu können und bedankt sich für die stets gute Zusammenarbeit und Hilfsbereitschaft. Ich bin stolz auf euch und wünsche allen ein erfolgreiches und unfallfreies Einsatzjahr“.
In der Folge traten für weitere Grußworte ans Rednerpult Franz Sommerauer namens der Polizeiinspektionen und des BPFI, Kreisbrandrat Sepp Kaltner für die Feuerwehren, Rudi Schierghofer für das Rote Kreuz, Andreas Zeuner namens des Kreisverbindungskommandos BGL. Allgemein wurde höchster Respekt zum Einsatz-, Übungs- und Arbeitsspektrum des heimischen THW-Ortsverbandes entgegengebracht und gelobt, auch, dass der Bevölkerung das nötige Sicherheitsgefühl im Miteinander mit den anderen Organisationen und Dienststellen gegeben wird.
Sichtlich gerührt über so viel Anerkennung beschloss Sandra Huber den offiziellen Teil mit dem ausdrücklichen Dank nicht nur an sämtliche Idealisten in ihrer voll funktionierenden Truppe sondern vor allem auch an die Arbeitgeber für deren Verständnis, wenn ihre Mitarbeiter unvermittelt einsatzbedingt den Arbeitsplatz verlassen müssen. An einem Essensbüfett wurde dann – wer noch zu später Stunde wollte – eine Stärkung für den Heimweg angeboten. (schl)
Bericht und Fotos: Eckart Schlosser