Ainring/Berchtesgadener Land - Die Fotos gehen durch und durch: Sie zeigen einen riesigen Bretterhaufen, wild aufgetürmt, wie Streichhölzer. Oder ein Haus, von dem nur noch links und rechts zwei Außenteile in die Höhe ragen, weil sich mitten hindurch die Flut gefressen und eine Frau mit sich gerissen hat, die den Tod fand. Oder ein riesiges Loch in der Straße, so, als ob ein wütender Riese mit einer Faust wuchtig hineinschlagen hätte. Das sind keine Filmbilder, sondern Dokumentationen von der Flutkatastrophe Anfang Juni im niederbayerischen Simbach. Dort absolvierte des Ortsverbandes Berchtesgadener Land des Technischen Hilfswerk (THW) im vergangenen Jahr den forderndsten Einsatz, wie bei der Jahreshauptversammlung deutlich wurde.
Fachberater Wolfgang Schwarz begrüßte die zahlreich erschienen Gäste in der THW-Unterkunft in der Industriestraße Mitterfelden, das waren neben Landrat Georg Grabner und Bürgermeister-Vertretern aus Freilassing und den umliegenden Gemeinden Feuerwehren und Kreisbrandinspektion, Vertreter des Landratsamtes, Vertreter des Fortbildungsinstituts der Bayerischen Polizei (BPFI) in Mitterfelden und der umliegenden Polizeidienststellen, Kreisverkehrswacht, Vertreter von Bayerischem Roten Kreuz und Wasserwacht und mehr.
Ortsbeauftragter Ulrich Hasenöhrl bedankte sich bei seinen Mitgliedern und bei allen Partnern dafür, die es dem THW ermöglichen, ehrenamtlichen Dienst, Hilfe und Unterstützung in dieser Form zu leisten. „Wir sind recht viel überregional unterwegs”, erklärte er. Allein bei der Hochwasserkatastrophe in Simbach sei der THW-Ortsverband mit 50 Helfern über zwei Wochen lang von den frühen Morgen- bis in die späten Abendstunden im Einsatz gewesen, habe 3.500 Einsatzstunden geleistet und „versucht zu retten, was zu retten war” (wir berichteten).
Als weitere Besonderheit hob er das Industriestraßenfest im September hervor, das nach einigen Jahren Pausen wieder stattgefunden hatte und bei herrlichstem Sommerwetter ein großer Erfolg war. Außerdem bauten sich die THW-Helfer einen neuen Ölwehrcontainer, in der die Feuerwehr Bad Reichenhall ihre Ölsperre eingelagert hat. Dafür dankte Hasenöhrl den Florianijüngern ebenso wie dem Landratsamt für die Unterstützung.
Im Sommer sei die neue Doppelgarage „vom Fundament bis zum Dachstuhl” in Eigenleistung aufgestellt worden. Dazwischen seien „viele kleine Sachen” gelaufen, von der Jugendarbeit über Übungen bis hin zur Verwaltung. „Das ist viel Arbeit im Hintergrund, die keiner sieht”, so Hasenöhrl. Insgesamt habe das Team des THW über 18.000 Dienststunden geleistet, das sei so viel Zeit, wie elf hauptamtliche Mitarbeiter in einem Jahr zusammenbringen würden. Und das seien nur die erfassten Stunden.
Den Hauptteil des Abends machte dann der Vortrag von Zugtruppenführer Konstantin Krause aus, der detaillierter auf das umfangreiche Übungs- und Einsatzjahr 2016 des THW Berchtesgadener Land einging.
Dies reichte neben dem Hochwassereinsatz in Simbach von der Hilfe bei der Bergung eines Auto unter einem Felsbrocken über Rettungstraining Atemschutz mit dem Schreitbagger,Verletztentransport, Fachberatereinsatz, Rettungen im Übungshaus der Freiwilligen Feuerwehr Freilassing, die umfangreichen Ausbildungen, den Abschluss und die Präsentation des achtjährigen Projektes mit der Einsatzrettungsspinne in Remscheid bis hin zur Teilnahme am Stadtfest Bad Reichenhall und vieles mehr.
Die Zuhörer bekamen ein Bild vom Engagement, den Fähigkeiten und der Spezialausrüstung, mit denen das THW an die Arbeit geht und unentbehrliche Dienste leistet, und zwar ehrenamtlich. Kaum eine technische Aufgabe ist zu knifflig, dass sie das THW nicht lösen könnte und auch Menschen zu bergen, zählt zu den oft geübten Situationen.
Laut Krause teilen sich die knapp über 18.000 Einsatzstunden des vergangenen Jahres in fast 4.000 Stunden für Einsatz, knapp 2.500 in die Jugendarbeit, rund 1.500 in die Ausbildung und über 10.000 in Sonstiges. Fachberater Dr. Thomas Wellenhofer, der durch den Abend führte, veranschaulichte, dass über 1.000 Dienstveranstaltungen abzuleisten waren. Allein die drei Baufachberater hätten 257 Gebäude begutachtet. Rechne man dies alles auf die Tage im Jahr um, so habe man einen Eindruck vom Arbeitsaufkommen.
Jugendbetreuer Martin Unterainer berichtete, dass vergangenes Jahr fünf Junghelfer ihre Grundausbildung absolvierten und in den aktiven Dienst übernommen worden seien. Derzeit bestünde die Jugendgruppe aus vier Mädchen und neun Buben. Die Jugendgruppe habe unter anderem beim Bezirksjugendtag am Chiemsee teilgenommen, ein Jugendlager abgehalten, zwei Jugendliche legten das Leistungsabzeichen ab, es gab einen Grillabend und mehr. Dr. Wellenhofer fügte hinzu, dass das THW fast alle Helfer aus dem eigenen Nachwuchs zieht.
Andi Wageneder von der THW-Geschäftsstelle Mühldorf ehrte an diesem Abend für 10-jährigen Einsatz beim THW Bettina Eicher, Maria Aicher, Matthias Fellner, Sebastian Hänsch und Daniel Mahr. Seit 20 Jahren ist Konstantin Krause dabei und seit 25 Jahren Stefan Bauer, Florian Öllerer, Christian Vogl, Sandra Huber, Stefan Unterrainer junior und Andreas Feichtmayr. 30 Jahre sind es bei Christian Stettmeier, Holger Krinke, Wolfgang Schwarz und Thomas Stettmeier.
Das Helferzeichen in Gold erhielten für ihr jahrelanges, außerordentliches Engagement Bettina Eicher, Michael Helminger und Daniel Mahr, das Helferzeichen in Gold mit Kranz bekamen Katharina Mahr und Martin Weibhauser.
Landrat Georg Grabner verlieh im Namen des Freistaates Bayern und unterzeichnet vom Bayerischen Minister des Innern, für Bau und Verkehr, Joachim Herrmann, Urkunde und das Ehrenzeichen am Bande für 25 Jahre Dienst beim THW, und zwar an Andreas Feichtmayr, Sandra Huber, Florian Öllerer, Stefan Unterrainer junior und Christian Vogl. Für 40 Jahre wäre Stefan Unterrainer senior geehrt worden, er war nicht anwesend, die Ehrung solle in „würdigem Rahmen” nachgeholt werden, bat Grabner den Ortsbeauftragten Hasenöhrl.
Grabner sprach in seinem Grußwort von einer „außerordentlich beeindruckenden Leistung” des THW. „Was täten wir, wenn wir solche Leute wie euch nicht hätten.” Dieses ehrenamtliche Engagement sei alles andere als selbstverständlich. Er freue sich besonders auch über das gute Zusammenwirken der Rettungsorganisationen untereinander. „Wir dürfen stolz sein auf diesen vorbildlichen ehrenamtlichen Einsatz mit herausragendem Ergebnis.” Die Unterstützung des Landratsamtes als Katastrophenschutzbehörde sei dem THW weiterhin sicher.
Freilassings zweiter Bürgermeister Gottfried Schacherbauer sagte im Namen aller benachbarten Gemeinden „vielen herzlichen Dank für das großartige Engagement, das sie erbringen”. Kreisbrandrat Josef Kaltner überbrachte die Grüße aller Feuerwehren im Landkreis und sprach beim THW von einer „hervorragenden Leistungsbilanz 2016”.
Nach den Grüßen von Wasserwacht und BRK sprach Erster Polizeihauptkommissar Gerhard Huber, Leiter der Polizeiinspektion Freilassing, stellvertretend für die die umliegenden Dienststellen seinen Dank aus. Die Unterstützung der ehrenamtlichen Rettungsorganisationen sei unentbehrlich. „Danke für das nicht bezahlbare Engagement, die Hingabe und die unverzichtbare und elementare Unterstützung der Menschen, die Hilfe benötigen.”
Bericht/Foto: tw